Die Filmbestellung

1 Bestellung & Belieferung

Die Filmbestellung erfolgt per Telefon oder E-Mail beim zuständigen Verleih bzw. Vertrieb. Eine stets aktualisierte Übersicht über Firmen und Ansprechpartner bieten die kostenpflichtige Datenbank von Blickpunkt:Film und das Kinohandbuch des creativeBase Verlages, es ist aber auch möglich, die Kontakte über die Webseiten der Verleihfirmen zu recherchieren. Die meisten Kinos übernehmen die Filmbestellung selbst, es gibt darüber hinaus die Möglichkeit, Dispoagenturen (z.B. Peter König Filmdisposition, Screenlite Booking) zu beauftragen, die Bestellung und Abrechnung übernehmen. Neben der Zeitersparnis haben die Agenturen den Vorteil, dass die dort zusammengeschlossenen Kinos wie eine Kinokette auftreten und entsprechende Konditionen erhalten können.

Kino/Dispoagentur und Verleih/Vertrieb stimmen sich über Einsatzbeginn, Einsatzdauer und Höhe der Filmmiete ab. Auch der Saal, die Uhrzeit des Abspiels oder die Anzahl der täglichen Vorführungen können Teil der Verhandlungen sein. Nach einer Einigung schickt der Verleih oder Vertrieb dem Kino eine schriftliche Terminbestätigung (kurz: TB) zu, die als Vertrag dient. In der TB sind die besprochenen Konditionen festgehalten. Sie gelten ohne weitere Bestätigung als vertraglich vereinbart und sollten deshalb von Kinoseite unbedingt nochmals auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Zusätzlich zur TB erhalten Filmtheater, die über kein Computerkassensystem verfügen und nicht elektronisch abrechnen, einen Vordruck für die Spielfilmabrechnung.

Ob ein Kino mit einem Film beliefert wird, hängt dabei nicht nur von den Konditionen des Abspiels ab, sondern auch von der Konkurrenzsituation vor Ort: Gibt es starke Mitbewerber, die bessere Besucherzahlen versprechen, werden diese oft vorrangig beliefert, während kleinere Kinos die Filme erst einige Wochen nach dem Start erhalten. Helfen kann Hartnäckigkeit und eine geschickte Verhandlungsführung, und sehr sinnvoll ist auch der Aufbau guter Kontakte zu den zuständigen Disponentinnen und Disponenten bei Verleih oder Vertrieb. Theoretisch ist eine Gleichbehandlung einklagbar, in der Praxis passiert dies selten.

Bei erfolgreicher Bestellung erhält das Kino vom Verleih bzw. Vertrieb rechtzeitig vor Start Plakate und gegebenenfalls weiteres analoges Werbematerial wie Flyer, Aufsteller und Indoor-Banner. Digitales Werbematerial (Fotos, EPK, Clips, etc.) und Filmtrailer können sich die Kinos auf den Plattformen der Kino-Content-Anbieter (z. B. Eclair Digital, Sharc, Filmpresskit oder Kinofreund) oder der Verleihfirmen selbst herunterladen (siehe „Verleihmarketing & Filmbewerbung“). Der Film wird in der Regel im DCP-Format (Digital Cinema Package) auf Festplatte geliefert oder als e-delivery per Standleitung oder Satellit übertragen und auf einem lokalen Datenträger gespeichert. Per E-Mail folgt kurz vor Start die Key Delivery Message (KDM), die das Abspiel der verschlüsselten Kopien ermöglicht (siehe „Kinotechnik“). Üblicherweise übernimmt der Verleih die Kosten für den Filmtransport zum Kino, das Kino die Kosten für den Rücktransport zum Verleih oder den Weitertransport zum nächsten Kino.

Verleihbezirke

Die Filmverleihfirmen haben den deutschen Lizenzbereich in sogenannte Verleihbezirke eingeteilt, für die in großen Firmen jeweils eigene Ansprechpartnerinnen und -partner zur Verfügung stehen: Hamburg (Schleswig-Holstein, Hamburg, Bremen, Niedersachsen), Berlin (Mecklenburg-Vorpommern, Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Thüringen), Düsseldorf (Nordrhein-Westfalen), Frankfurt am Main (Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Teile von Baden-Württemberg, Teile von Bayern), München (Teile von Bayern, Teile von Baden-Württemberg). Die Einteilung stammt aus einer Zeit, in der wenige wertvolle und schwere 35-mm-Kopien mit möglichst wenig Kosten und Zeitaufwand von einem Kino zum nächsten transportiert werden mussten. In jedem Verleihbezirk gab es ein oder mehrere Filmlager, von denen aus die Kinos mit den Kopien beliefert wurden. Teilweise wird die digitale Belieferung auch heute noch über die verbliebenen Filmlager ausgeführt, in der Regel sind jedoch zentrale Logistik-Anbieter zuständig. Die Verleihbezirke dienen gleichwohl immer noch als Grundlage für die Einsatzplanung und Disposition.

2 Filmeinsatz

In Deutschland beginnt die Kinowoche am Donnerstag. Übliche Verleih-Konditionen für große Filmstarts sind eine Mindestlaufzeit von drei Wochen und der Einsatz des Films in allen Vorführungen (Nachmittag, Vorabend, Abend). Gerade für Kinos mit wenigen Leinwänden kann eine abwechslungsreichere Programmierung Sinn machen. Viele kleinere Häuser spielen dann beispielsweise den Blockbuster um 15 und 20 Uhr, und um 17.30 Uhr ein Sonderprogramm. Hier ist Verhandlungsgeschick gefragt. Neustarts werden auf Prolongation gespielt, d. h. der Film wird bei Erreichen bestimmter Besucherzahlen zu den gleichen Konditionen weiter eingesetzt. Immer montags wird auf Basis der aktuellen Besucherzahlen mit dem Verleih oder Vertrieb über den weiteren Einsatz der Filme ab dem nächsten Donnerstag (Saal, Uhrzeit, Aufführungsfrequenz) oder auch über ein Absetzen des Films bei schlechten Ergebnissen verhandelt.

Arthouse-Filme oder Produktionen, die sich an ein spezielles Publikumssegment richten, können oft schon ab Start flexibler programmiert werden, entscheidend sind auch hier das Potential des Films und die Verhandlungen zwischen Kino und Verleih.

Insbesondere Programmkinos und kommunale Kinos, die mit Schienen und Monatsprogrammen arbeiten, oder Open-Air-Kinos spielen Filme mit kürzeren Laufzeiten und an Einzelterminen; bei großen Neustarts ist dies in der Regel allerdings nicht direkt zum Start, sondern erst nach einigen Wochen möglich. Nach Start sind die meisten Filme beliebig buchbar solange die Verleihlizenz läuft, manchmal werden aber auch hier Anforderungen an einen Mindesteinsatz gestellt, oder es wird eine höhere Mindestgarantie berechnet.

3 Die Filmmiete

In Deutschland werden Filmmieten zumeist über eine Mindestgarantie und einen prozentualen Anteil an den Karteneinnahmen abgerechnet. Das Kino bezahlt wöchentlich einen vorab ausgehandelten Prozentsatz seiner Netto-Karteneinnahmen (abzgl. FFA-Abgabe) an den Verleih, auf jeden Fall aber eine verrechenbare Summe in Höhe von 80 bis 150 Euro, die als „Mindestgarantie“ dient und die Deckung der Unkosten garantieren soll. Die Höhe der Eintrittspreise liegt in der freien Entscheidung des Kinos, Verleihfirmen können aber einen Mindestverleihanteil je Besucher verlangen, der unabhängig vom Fimmietensatz zu zahlen ist.

Mindestgarantie und Filmmiete sind frei verhandelbar und unterliegen der Dynamik von Angebot und Nachfrage. Gleichwohl hat sich im Laufe der Jahrzehnte ein Filmmietenkorridor entwickelt, der für den Einsatz eines Films zum Bundesstart eine Spanne zwischen 43,1 bis 53,5 % umfasst. Große Kinoketten oder Einkaufsgemeinschaften haben hier einen Vorteil – laut einer Erhebung für die „Kinobetriebsstudie“ (2014) lag der Unterschied bei der Filmmietengestaltung zwischen Multiplexkinos und Einzelhäusern bei 3 %. Nach dem Bundesstart sinkt der Mietpreis in der Regel; zu welchem Zeitpunkt dies der Fall ist und welche Prozentsätze jeweils veranschlagt werden, hängt auch hier vom Marktwert der Produktion und vom Geschick der Verhandelnden ab. Filmmieten unter 38 % sind eine Ausnahme.

4 Rabatte & Sonderregelungen

Weiterhin wird die Höhe der Filmmieten durch Zusatzabsprachen und Rabatte beeinflusst. Nur noch selten gezahlt wird der früher übliche Reklamezuschuss, der anfiel, wenn das Kino sich auf eigene Kosten an der Bewerbung des Films (z. B. durch lokal geschaltete Anzeigen) beteiligte. Dagegen verkaufen vor allem größere Kinos und Kinoketten ihre hauseigenen Werbeflächen (z. B. digitale Werbeflächen, Bannerhängung, Titelmotiv auf dem Programmheft) inzwischen direkt an die Verleihe und machen die Buchung auch zum Bestandteil der Vertragsverhandlungen.

Einige Verleihe ordnen Kinostandorte nach der Einwohnerzahl bestimmten Zonen zu, für die unterschiedliche Gebühren anfallen. Dabei zahlen die Kinos in den Standorten mit einer geringeren Einwohnerzahl (Zonen 3–6) einen geringeren Leihmietensatz als die Kinos in großen Städten (Zonen 1 und 2). Umsatzschwache Kinos können beim Verleiherverband einen Härtefallantrag stellen, um einen Filmmietennachlass zu erwirken. Dieser gilt allerdings nicht zum Bundesstart. Ebenso kann es in Ausnahmesituationen – wenn beispielsweise eine große Open-Air-Veranstaltung ins Wasser gefallen ist – sinnvoll sein, sich mit dem Verleih in Verbindung zu setzen.

Insgesamt gilt auch hier: Die Vereinbarungen zwischen Kino und Verleih sind grundsätzlich individuell verhandelbar und es lohnt sich, besondere Umstände in die Verhandlungen einzubringen.

5 Weitere Rechteinhaber

Verfügt ein Film über keinen deutschen Filmverleih, kann sich das Kino an den zuständigen Rechteinhaber wenden und mit diesem einen individuellen Lizenzvertrag aushandeln. Zumeist ist das die Produktionsfirma des Films. Die aktuellen Rechte für Deutschland können aber auch bei einem Fernsehsender, beim Weltvertrieb oder einem Home-Entertainment-Anbieter liegen. Viele Verleihfirmen nehmen sukzessive Klassiker wieder ins Programm. Eine Reihe großer Arthouse-Titel sind derzeit über internationale Vertriebe wie Hollywood Classics oder Park Circus erhältlich, die sich auf die Filmrechtevergabe von Klassikern spezialisiert haben und die Filme auch zu einem Festpreis verleihen.

6 Nicht-gewerbliche öffentliche Vorführung

Ein Sonderfall bei der Filmbestellung ist die nicht-gewerbliche öffentliche Vorführung, wenn ein Film gezeigt wird, ohne dass dafür Eintritt genommen wird, etwa bei Dorffesten oder Schulvorführungen. Lizenzen können beim Bundesverband Jugend und Film e. V. (BJF), dem Filmverleih im Nordseepark, den Medienzentralen der Kirche und den Medienzentren der Schulträger bestellt werden, aber auch direkt beim Rechteinhaber. Nicht-gewerbliche öffentliche Filmvorführungen dürfen nicht öffentlich beworben werden.

7 Ressourcen

Kinostarttermine in Deutschland: vdfkino.de

Branchennews, Starttermine, Adressdatenbank (kostenpflichtig): mediabiz.de/film/

Übersicht über alle in Deutschland verfügbaren Filme, Adressdatenbank (kostenpflichtig): verleihkatalog-online.de

creativeBase GmbH (Hrsg.): Das Kinohandbuch, Köln: aktuelle Kino- und Industrieadressen mit Ansprechpartnern, Statistiken, Branchenterminen, erscheint jährlich, mediabiz.de/relaunch/khb/

Hahn, Anke, und Schierse, Anna (2004): Filmverleih, Konstanz: Überblick über die Arbeit des Filmverleihs


Gefördert durch: FFA Filmförderungsanstalt